Über meine eingebildeten Krankheiten könnte
ich stundenlang lamentieren ... Doch bei 'nem geprellten Handgelenk bleib ich
ganz locker. Ich mein, davon kann man ja schließlich nicht sterben, oder?
So kam es letzten Samstag zu einer wahren Premiere und einem neuen
Eintrag in meiner Krankenakte:
Ein Gips - und zwar ein echter! Dass ich das noch erleben darf,
vor meinem 30. Geburtstag. Ich denke, ich habe in meiner Kindheit genügend
Milchreis, Fruchtzwerge und andere Milchprodukte verzehrt, weswegen ich
sagen kann, dass ich wahrscheinlich die härtesten Knochen der Welt habe. Trotz
sämtlicher schwere und mittelschwerer Stürze. Nix. Außer blaue Flecken in den
schönsten Farben, die man sich ausmalen kann. Im blaue Flecken bekommen bin ich
nun mal einsame Spitze!
Aller Fruchtzwerge zum trotz, hat es mich nun doch erwischt. Bzw.
sie. Die Fahrradfahrerin, die am Samstag urplötzlich hinter einer Hecke eines
Hauseinganges hervorgesprungen oder besser -gerollt kam. Ein Glück, dass ich
dank einer Ampel nicht allzu schnell war. Ich dachte, ich wäre auch noch an ihr
vorbeigekommen dann hat es mich aber doch noch erwischt: Pedale vs. Vorderrad,
wobei der Punktsieg eindeutig an das Vorderrad ging. Dank vorübergebeugter
Rennradhaltung ging es dann auch ratzfatz frontal über den Lenker so dass ich
schließlich mit einem sauberen Bauchklatscher abgefedert von Knien, Ellenbogen
und Handgelenken auf dem Radweg aufschlug. Autsch!
Einen wahren Hypochonder kann so ein bisschen Blut am Knie aber
nicht abschrecken. Also, schnell wieder aufgerappelt, Fahrrad geschnappt und
Bestandskontrolle durchgeführt: Vorderrad total verbogen, Sattel aufgekratzt,
meine neuen Stiefelchen zerkratzt, Jacke kaputt, Strumpfhose kaputt. Gut, also
schnell noch Name und Adresse der sichtlich geschockten Unfallverursacherin
notiert (sie hat keine Haftpflicht, toi toi toi) und dann wieder los. Nach
Hause ist es ein ganzes Stück- und dann auch noch schieben!
Auf dem Weg wurde mir dann aber doch etwas duselig und am rechten
Handgelenk stellte sich ein Schmerz ein. Also vorsichtshalber doch mal ins Krankenhaus,
dann hat man wenigstens noch einen Beweis mehr, falls sich das Mädel aus dem
Gebüsch nicht melden sollte.
Im Krankenhaus ging dann alles ruck-zuck. Musste gar nicht lange
warten, bekam eine Tetanus-Auffrischung (Wundstarrkrampf - da mag man gar nicht
drüber nachdenken!). Dann ab zum Röntgen: Hand und Knie. Von jeder Seite
einmal. Die volle Strahlendröhnung. Ich frage mich, ob dieses kleine
Schürzchen, dass die einem beim Röntgen umbinden, denn wirklich alles abhält,
ich mein, die Strahlung fliegt ja bestimmt nicht linear durch den Raum, sondern
verteilt sich irgendwie anders. Wie, weiß ich aber auch nicht. Aber so mit
merkwürdig abgewinkelt-gespreizten Beinen auf einer Röntgenliege zu sitzen ist
ja geradezu eine Einladung für die fiesen Strahlen, sich über meinen Uterus
herzumachen.
Diagnose: Der Knochen im Handgelenk ist nicht gebrochen, sieht
aber merkwürdig aus. Aha! Deshalb gibt's erstmal nen Gips. Mein allererster.
Die Gipsfrau war total nett und brachte mir Wasser und Schokokekse (Zitat:
"Ihr jungen Mädchen esst ja immer so wenig!") Danke. Ein echtes
Kompliment.
Nach einer Viertelstunde war der Gips auch schon fertig und saß
sogar recht bequem und fluffig am Arm.
Und nun? Wie komme ich denn samt
verbogenem Fahrrad und Gipsarm nach Hause? Kein Problem, meinte die Schwester,
wir rufen ein Großraumtaxi, die nehmen Sie samt Fahrrad mit! Denkste, sowas
gibt es in Hamburg nicht! Ergo: Rad nehmen und schieben. Glücklicherweise gibt
es wenigstens U-Bahn-Stationen mit Fahrstühlen und nette Menschen, die einem
helfen, das Rad in die Bahn zu hieven.
Wie das Leben mit nur einem Arm ist? Und dann noch als totaler
Links-Grobmotoriker (Mit links klappt bei mir rein GAR nichts). Aber es ging
besser als erwartet und endete letztlich nur mit einem riesigen Muskelkater im
linken Arm und einer Woche Sonderurlaub, denn 5-Finger-Suchsystem auf Arbeit
ist doch etwas unproduktiv. Auch wenn ich meinen Urlaub schon genossen hab -
das Herbstwetter war nett und hat sich von seiner sonnigen Seite gezeigt -
hoffe ich, dass sowas so schnell nicht wieder passiert. Ist ja nun auch schon
das zweite Mal. Mein letzter Fahrradsalto passierte fast genau vor einem Jahr.
Damals mit Krankenhausaufenthalt, weil ich mit meinem Kopf auf einer
Betonleitplanke gelandet war. Hab's überlebt, wie man sieht.
Vielleicht sollte ich mir wirklich mal einen Helm kaufen, zum
Fahrradladen muss ich ja eh ...